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Moderiertes Gespräch mit Wolfgang Ullrich und Jakob Hayner
Auf der documenta15 offenbarte sich nicht nur ein in der Kunstwelt virulenter Antisemitismus, sondern auch ein Kunstverständnis, das die eigentlichen Werke zugunsten eines politischen Aktivismus aufgibt. Ihm ist die Eigenlogik der Kunst nur noch lästig, stattdessen dienen Exponate und Ausstellungen heute der Verwirklichung äußerer Zwecke. Damit verzichtet Kunst aber auf ihren Wahrheitsanspruch und hintergeht die Bedingungen der Möglichkeit von ästhetischer Erfahrung. Der Kunsthistoriker und Kulturwissenschaftler Wolfgang Ullrich lieferte bereits ein Jahr vor der documenta15 eine treffende Analyse der Kunst nach dem Ende ihrer Autonomie, wie sie sich in der westlichen Welt seit der Renaissance entwickelt und mit dem Hochkapitalismus durchgesetzt hat. Auch der Journalist und Theaterkritiker Jakob Hayner diagnostizierte diese Erosion der ästhetischen Eigengesetzlichkeit anhand des Theaters der Gegenwart unlängst in seinem Buch Warum Theater. Während Hayner diese Zerfallsprozesse kritisiert und die Autonomie der Kunst gegen Forderungen nach Nützlichkeit verteidigt, erscheint sie bei Ullrich als hoffnungslos Vergangenes. In den lauter werdenden politisch-moralischen aktivistischen Ansprüchen sieht er hingegen ein utopisches Potenzial.