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Die Schriften des Rechts- und Politikwissenschaftlers Franz L. Neumann (1900-1954) sind in Deutschland weitestgehend in Vergessenheit geraten. Dabei stellen insbesondere seine materialistische Rechts- und Demokratietheorie einzigartige Zugänge zu den inneren Widersrpüchen der bürgerlichen Gesellschaft und ihren Krisenpotenzialen dar. Sie sind gesättigt durch seine langjährige Erfahrung als Rechtsanwalt der sozialistischen Arbeiter:innenbewegung in der Weimarer Republik. Während er in den 1920er Jahren noch dem Fortschrittsglauben der Weimarer Sozialdemokratie anhing, musste er diese Überzeugung mit der Machtübertragung an und -übernahme durch die Nationalsozialisten 1933 nach und nach fallen lassen. Er wandte sich von Grundüberzeugungen des traditionellen Marxismus der Zweiten Internationale ab und einer kritischen Theorie der kapitalistischen Gesellschaft zu.
Neumanns Aufsatz über den Funktionswandel des Gesetzes im Recht der bürgerlichen Gesellschaft von 1937 ist ein Schlüsseltext in dieser Bewegung. Darin fragt er nach den materiellen Gründen für den Zusammenbruch des Weimarer Rechtssystems. In seiner – in der Zeitschrift für Sozialforschung erschienenen Analyse – argumentiert er, dass dieser Zusammenbruch und die folgende nationalsozialistische Herrschaft nicht nur auf politisch-ideologische Verschiebungen zurückzuführen ist. Ihnen habe auch ein fundamentaler Krisenprozess der kapitalistischen Produktionsweise und eine damit verbundene materielle Erosion des bürgerlichen Rechts zugrunde gelegen. Diese Erosion sei, so die These Neumanns wenige Jahre später in seinem Werk Behemoth, im nationalsozialistischen Unstaat, offen zum Ausdruck gekommen.
In einem einleitenden Input werden zunächst Schlaglichter auf das Leben und Wirken des in Deutschland bis heute kaum bekannten deutsch- bzw. amerikanisch-jüdischen Juristen und Politikwissenschaftlers gegeben. Daran anschließend diskutieren die Teilnehmer:innen Denkfiguren und Argumentationslinien des Textes über den Funktionswandel des Gesetzes.
Der Referent Felix Sassmannshausen ist Politikwissenschaftler aus Leipzig und hat zur politischen Theorie Neumanns promoviert. Von ihm ist jüngst der Band Doppelcharakter der Demokratie. Zur Aktualität der politischen Theorie Franz L. Neumanns (Metropol, 2020) erschienen. Er ist auf Twitter unter @f_argonaut oder unter https://fargonaut.wordpress.com/ zu finden.
Anmeldung unter: anmeldung@kapitalviernull.info
Link zur Veranstaltung: https://www.facebook.com/events/306922230574404
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